Die Grönlandfahrer von Föhr

Film von Dietmar Buchmann
(Buch und Regie)

Dokumentation, 16 mm, 45 min, Farbe
Produktion des SFB 1986

Aus keinem anderen so kleinen Landschaftsraum mit so geringer Bevölkerungszahl sind Jahrhunderte lang so viele Seeleute in die Welt hinausgefahren wie von den nordfriesischen Inseln und Halligen.

Es begann mit dem Walfang. Anfang des 17. Jahrhunderts hatten Holländer und Briten den Walreichtum im Eismeer entdeckt und ganze Flotten von Fangschiffen ausgerüstet. Die Holländer bemannten ihre Walfänger zunächst ausschließlich mit Basken. Als diese auf Order ihres französischen Königs den Holländern ihre Dienste versagten, suchten sie für ihre Schiffe anderorts Mannschaften und fanden sie auf den friesischen Inseln. Und bald fuhr fast die gesamte arbeitsfähige, männliche Bevölkerung zum Walfang, auf " Grönlandfahrt" wie man hier sagte. Die Inselfriesen waren seemännisch so begabt, dass sie sehr bald über die einfachen Mannschaftsränge, Matrosen und Speckscheider, hinaus Steuermänner und Kommandeure der Walfangschiffe stellten, ja in manchen Hafenstädten wie Hamburg und Amsterdam zeitweilig die Schiffsführung dominierten.

Die Einnahmen aus der Grönlandfahrt bescherten Föhr ein goldenes Zeitalter. Es wird überliefert, dass es möglich war, schon auf Kinder in der Wiege Kredit zu nehmen. Die Ausstattung der Häuser, deutlich beeinflusst vom holländischen Vorbild, spiegelte den steigenden Wohlstand. Die heimkehrenden Seeleute brachten aus Holland Tonnen bemalter Fliesen, aus England gediegene Möbel, Hausrat und wertvolle Standuhren mit. Einheimisches Kunsthandwerk begann sich aufgrund des Wohlstandes zu entfalten. Sogar über das Leben hinaus wurden Geschmack und Kultur demonstriert. Kunstvolle Grabsteine, die heute noch eine Zierde inselfriesischer Friedhöfe sind, entstanden in jener Zeit. In Stein gehauen sind Schiffe unter vollen Segeln im wogenden Meer oder abgetakelt liegend " im letzten Hafen" , schwungvolle Inschriften, die von Toten erzählen. Oft sind ausführliche Lebensläufe aufgezeichnet. Der ist ein glücklicher Seemann, der auf dem Friedhof begraben wird, sagte man früher auf Föhr, denn allzu oft kehrten die Seefahrer nicht heim. Die Kehrseite des " goldenen Zeitalters" , der Insel der Kommandeure und Kapitäne, ist die Insel der Witwen. Unfassbare Sorgen und Entbehrungen zogen in jene Familien ein, deren Väter auf See ihr Leben verloren.

Die Zahl der Walfangschiffe war im Verlauf des 18. Jahrhunderts ständig gewachsen. Die Folgen blieben nicht aus. Durch übermäßige Bejagung ging der Walbestand so stark zurück, dass die Schiffe oft vergebens ins Eismeer fuhren oder sich mit dem weniger einträglichen Robbenschlag begnügen mussten, so dass die Grönlandfahrten gegen Ende des Jahrhunderts allmählich aufhörten. (Auszug aus dem Exposé)